Die kürzlich eingeführte Kennzeichnungspflicht für genveränderte Lebensmittel ist ein löchriges Konstrukt.
Die USA sind weltgrößter Exporteur von Soja (70 Prozent davon aus genmanipulierter Produktion) und Mais (40 Prozent genmanipuliert). Die EU hatte von 1998 bis vor kurzem ein Moratorium für die Einführung transgener Pflanzen und ihrer Produkte. Die USA haben dagegen vor der Welthandelsorganisation WTO Klage erhoben. Seit April besteht nun in der EU eine Kennzeichnungspflicht.
Heftige Kritik von UmweltschützerInnen – und in Österreich auch von PolitikerInnen quer durch alle Parteien – rief die Zulassung der genveränderten Maissorte Bt 11 durch die EU-Kommission am 19. Mai hervor. Dem Süßmais der Schweizer Firma Syngenta wurde ein Gen aus einem Bodenbakterium (Bacillus thuringiensis, daher das Kürzel Bt) eingebaut, das die Larven des Maiszünslers unschädlich macht. Die Entscheidung wurde gefällt, nachdem Ende April die zuständigen Minister der EU-Staaten weder für die Zulassung noch für die Ablehnung die erforderliche Mehrheit zustande brachten. Die Zulassung bezieht sich zwar „nur“ auf den Import und nicht auf den Anbau selbst, doch wird befürchtet, dass nunmehr auch zahlreiche andere Genpflanzen zugelassen werden. Die österreichische Grün-Politikerin Eva Lichtenberger sprach von einem „skandalösen Dammbruch“.
BefürworterInnen wie der EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne weisen darauf hin, dass bei Genfood Gesundheitsschäden für den Menschen bisher nicht nachgewiesen werden konnten. GegnerInnen wie Greenpeace kritisieren die Untersuchungsmethoden und fordern umfassendere, längere Testreihen. Sie setzen jetzt auf die Schaffung gentechnik-freier Zonen. Doch angesichts der Erfahrungen mit Gen-Soja im südlichen Südamerika dürfte der Damm nunmehr gebrochen sein. Neun weitere Zulassungsanträge liegen bereits bei der Kommission. Und auch die von der deutschen grünen Landwirtschaftsministerin Renate Künast in Berlin proklamierte „Abstimmung der Verbraucher mit dem Einkaufskorb“ dürfte sich als Euphemismus erweisen. Deutsche NGO-VertreterInnen kritisierten, dass die neue Regelung ein Tor für den Export vor allem von gentechnisch verändertem Saatgut durch EU-Unternehmen offen ließe. Die kennzeichnungsfreie Toleranzgrenze wurde beträchtlich angehoben und dadurch das Cartagena-Protokoll unterwandert.