Sie haben 1986 das Nicaragua-Komitee Wels mitbegründet. Was ist Solidarität für Sie?
Da halte ich es mit der Aussage von Che Guevara: „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“.
Gibt es Ihrer Meinung nach etwas, das den Menschen sowohl in Österreich als auch in Nicaragua fehlt?
Bei uns gibt es trotz massiver Einschnitte noch ein Sozialsystem und es herrscht massiver Wohlstand. In Nicaragua ist für die meisten die Armut vorprogrammiert und vorherrschend. Dort wie da gibt es Reiche und Arme, aber da wie dort fehlt es an politischer Emanzipation, um die sozialen Unterschiede zu verringern!
Was macht Ihnen Angst?
In Bezug auf meine Kinder- und Enkelgeneration ist es die unverhohlene Feindseligkeit, die sich im Web, aber auch im Alltag so weitläufig generiert. Einen Disput mit feiner Klinge scheint es da nicht mehr zu geben.
Was ist das beste Rezept gegen Hass?
Bildung. Allerdings scheint es trotz der großen pädagogischen Fortschritte im Unterricht, die seit den 1970er Jahren gemacht wurden, viele zu geben, an denen diese vorbeigeht oder die keinen Zugang dazu haben. Die gilt es aber zu erreichen, denn Empathie hat man eher und mehr, wenn man gebildet ist.
Werner Retzl, 66, kommt aus Steyr/OÖ. Er studierte Deutsch und Englisch auf Lehramt in Salzburg und unterrichtete danach 35 Jahre am BG/BRG Dr. Schauerstraße in Wels. 1986 gründete er den Verein Nicaragua-Komitee Wels mit und ist seither auch dessen Obmann. Im Rahmen einer Städtepartnerschaft mit Chichigalpa in Nicaragua unterstützt der Verein gemeinsam mit der Stadt Wels seither Entwicklungshilfe-Projekte vor Ort.
Seit neun Jahren ist Retzl auch Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus, die sich mit Gedenk- und Jugendarbeit sowie anderen Aktivitäten für Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass einsetzt. Retzl ist verheiratet, hat zwei Kinder sowie drei Enkel und lebt in Wels.
Wann empfinden Sie Zufriedenheit?
Wenn ich am Abend einschlafen kann, ohne dass mich eine Sorge quält. Und wenn ich meine Enkelkinder um mich habe.
Mit wem würden Sie gerne einen Kaffee oder ein Bier trinken und plaudern?
Ich würde gerne Che Guevara treffen. Trotz vieler Zwiespältigkeiten war und ist er ein ganz Großer für mich.
Wo sind Sie am liebsten?
Ganz ehrlich? Daheim! Da kann ich die Füße auf den Tisch legen, und das hat für mich den größten Erholungswert.
Was würden Sie mit einer 25. Stunde tun, wenn Ihr Tag die hätte?
Lesen. Ich habe 1.000 ungelesene Bücher daheim, die ich nicht mehr lesen kann, wenn der Tag nicht 25 Stunden hat. Das ist genau die Stunde, die mir zum Lesen fehlt.
Was kann jede und jeder tun, um die Welt besser zu machen?
Wenn jede und jeder ein bisschen mehr an das Wohl der anderen denkt und danach handelt, wäre viel getan. cs
Für aktuelle Infos sowie einen Blick zurück auf die revolutionären Tage in Nicaragua 1979 siehe auch Seite 8 und Folgeseiten in dieser Ausgabe.
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