Slavko Ninić hat sich einen langgehegten Wunsch erfüllt und ein komplettes Album mit Österreich-Bezügen aufgenommen.
Seit bald 30 Jahren musiziert nun die Wiener Tschuschenkapelle in wechselnden Besetzungen. Erfunden hat sie einst Slavko Ninić, der bereits 1972 in Wien angekommen ist und damals ein graues Häusermeer mit Sperrstunde um 23 Uhr vorgefunden hat. Anfangs als Student der Soziologie am Bau tätig, sattelte er bald um, wurde Dolmetscher und moderierte zeitweise eine eigene Radiosendung.
Die erste Schallplatte der Tschuschenkapelle erschien dann 1989. Mittlerweile hat sie es auf 15 Alben gebracht.
Die aktuelle Besetzung besteht nun schon länger aus Maria Petrova (Percussions), Mitke Sarlandžiev (Akkordeon), Jovan Torbica (Kontrabass), Hidan Mamudov (Klarinette, Saxophon, Gesang) und eben Slavko Ninić, der Mann mit dem Hut (Gesang, Moderation, Gitarre).
Etliche Gäste. Es ist aber lange nicht alleine die Tschuschenkapelle, die auf dem neuen Album „Die Patriotische“ zu hören ist. Es wurden Gäste eingeladen. FreundInnen, die auch gut zusammenpassen. Roland Neuwirth ist zu hören, der mittlerweile eigentlich schon in Pension gegangene Erneuerer des Wienerliedes und der Schrammelmusik. Hier darf er seiner Gstanzl-Leidenschaft frönen.
Freilich wirkt auch Willi Resetarits mit, der für das authentische Flair der burgenlandkroatischen Beiträge sorgt. Natürlich wurde auch auf ein kärntner-slowenisches Lied nicht vergessen.
Maria Craffonara ist hier ein Grenzfall, selbstverständlich ein wohlkalkulierter. Sie lebt in Wien, sorgt unter anderem mit der Formation Donauwellenreiter für Furore, kommt aus Südtirol und spricht auch noch Ladinisch. Das darf sie hier mit ihrer grandiosen Stimme unter Beweis stellen. Allerdings legt sie dann noch etwas Nordtirolerisches nach, in entsprechendem Dialekt.
Schlager und Operette. Dass die Tschuschenkapelle hier auch Ausflüge in den Bereich Schlager und in die Operette unternimmt, überrascht im Grunde nicht. Schon in der Vergangenheit war sie nach allen Richtungen hin offen. Udo Jürgens’ „Griechischer Wein“ wird hier genauso in typischer „Tschuschen“-Manier interpretiert wie „Komm Zigan“ aus Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“. Kálmán lebte und wirkte lange in Wien und musste vor den Nazis flüchten.
Präsentiert wurde die CD in der Wiener Kulisse, schon traditionell mit Spanferkel und Lammbraten – dazu wie immer der vorzügliche, selbstgebrannte Šljivovica von Slavko Ninić. Er erklärt: „Wir sind Kosmopoliten und Internationalisten. Dieses Album ist ein Geschenk an das Land, in dem wir unsere musikalischen Karrieren gemacht haben, ein Land, in dem wir leben und weben. Und zu diesem Land stehen wir auch in Zeiten, in denen einem die Politik nicht unbedingt gefällt.“
Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des „Concerto“, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.
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