Wieso Europa andere Antworten auf Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zuwanderung finden muss.
Die in Europa laufenden Diskussionen über MigrantInnen und Geflüchtete werden auch in Nordafrika mitverfolgt. Inklusive der ethisch zweifelhaften Frage, wie viele MigrantInnen für die Aufnahmegesellschaften akzeptabel und langfristig tragbar sind.
Es ist verständlich, dass europäische BürgerInnen Ängste in Bezug auf Zuwanderung entwickeln: Angst vor einem „Kultur-Clash“, Angst vor Kontrollverlust und auch die Sorge, dass sich das politische System durch neue MitbürgerInnen verändern könnte. Aussagen wie „Der Islam passt nicht in unser westliches Wertesystem“ oder „Die Einwanderung in unser Land ist außer Kontrolle“ sind die Folge davon.
Tatsache ist, dass allein im Laufe des vergangenen Jahres hunderttausende Flüchtlinge ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um nach Europa zu gelangen. Dabei pressten Schlepper viel Geld aus den meisten von ihnen heraus. Europa ist trotzdem als Refugium und Exil erstrebenswert. Zumindest galt der Kontinent lange als genau das.
Doch die Migrationspolitik der EU, Stichwort Frontex und die Tragödien im Mittelmeer in letzter Zeit – immer wieder ertrinken Flüchtende – haben den Blick auf Europa und auf die Migration verändert. Viele von jenen, die Europa als Symbol der Hoffnung gesehen haben, fragen sich nun, ob es das Risiko wert ist. Ich habe hier in Algier MigrantInnen aus Subsahara-Afrika getroffen, die sagten: „Mittlerweile ist die Entscheidung, ob wir in unseren Ländern bleiben oder nach Europa gehen, eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera.“
Europa schwächt sich durch seine Reaktionen auf die Flüchtlingsbewegungen selbst. Xenophobe und antimuslimische Rhetorik von Regierenden schadet Europas Reputation als offene Gesellschaft. Und dann lassen europäische PolitikerInnen ein konfliktgeladenes Klima entstehen, wenn sie Neuankömmlingen keine Chancen und Perspektiven geben und nicht vehement gegen Diskriminierung und Hass vorgehen.
Europa muss eine konstruktive Antwort auf diese Herausforderungen finden. Denn wie unethisch Migrationspolitik auch ist: Wenn sie keine andere Wahl haben, werden weiterhin Menschen nach Europa kommen.
Farah Souames ist eine algerische Reporterin & Bloggerin, die über Nordafrika und den Nahen Osten berichtet.
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