Mit der Rückkehr von Flüchtlingen oder MigrantInnen sind viele Herausforderungen verbunden – vor allem für Kinder, die gar nicht dort geboren wurden, wohin sie nun „zurückkehren“. Redakteur Richard Solder recherchierte dazu in Senegal.
Bamba Fall packt an. Im Büro der italo-senegalesischen NGO „Stretta di Mano“ in Dakar ist viel los. Partner aus Europa sind da. Gerade tüftelte Bamba noch am Laptop herum, damit eine Videokonferenz durchgeführt werden kann, schon kümmert sich der 19-Jährige um die Verpflegung der Gäste. Mit den Kolleginnen redet er Französisch, nicht-frankophonen Besuchern gibt er auf Englisch Auskunft. Bamba wirkt etwas schüchtern, aber selbstsicher.
Geboren wurde Bamba in Norditalien. Seine Eltern waren in den 1980ern mangels Perspektiven nach Italien ausgewandert. Damals brauchten Senegalesinnen und Senegalesen zur Einreise noch kein Visum für Italien. Die ersten zwei Jahre waren für seinen Vater, der zunächst alleine ging, schwierig, da er keine Aufenthaltsgenehmigung hatte.
Als er zehn Jahre alt war, beschloss seine Mutter, nach Senegal zurückzukehren. Bamba kam mit. Obwohl er Angst hatte. „Damals dachte ich: Das ist keine gute Idee.“
Ob bei Flucht oder bei Migration allgemein: Rückkehr ist aktuell ein großes Thema. In Asyl-Debatten in Europa wird es gerne als ein Lösungsmodell für die „Belastung“ durch Asylwerberinnen und Asylwerber präsentiert. Im Rahmen der Verschärfung der Asylgesetze pochte etwa Ende Jänner die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf Asyl-Schnellverfahren und eine rasche „freiwillige Rückkehr“ – oder rasche Abschiebungen.
Asyl-NGOs und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Forderung, da viele der Länder nicht als sicher gelten. Doch auch in stabilen Staaten, in die Flüchtlinge bzw. Migrantinnen und Migranten selbst zurück wollen, bringt Rückkehr Herausforderungen mit sich. Etwa, wenn eine jüngere Generation (mit)kommt, für die das Leben im Herkunftsland der Eltern bedeutet, nochmal von vorne anfangen zu müssen.
Senegal statt Italien: Die Anfangszeit in Dakar war schwierig für Bamba Fall. Er musste sich in einem ihm fremden Land orientieren, sprach weder Französisch noch Wolof – die traditionelle Sprache, in der hier der Großteil kommuniziert. Nicht leicht in einem Staat, in dem in den Schulklassen oft 60 oder sogar mehr Kinder sitzen und die wenigsten Menschen Italienisch oder Englisch sprechen.
Diaw Mbodj ist Französisch-Lehrerin in der Schule „Cem Scat Urbam“ im Bezirk Grand Yoff in Dakar. „Ich erinnere mich, wie wir Lehrer reagiert haben, als eine Familie einen Jugendlichen einschulen wollte, der nur Italienisch sprach: ‚Wie stellen Sie sich das vor?’ fragten wir“, erzählt Mbodj. Seit damals kamen weitere dazu. In der „Cem Scat Urbam“ scheint die Aufnahme zu funktionieren, mehr oder weniger. Mbodj und andere Pädagoginnen und Pädagogen sind engagiert und helfen den in Europa gebürtigen „RückkehrerInnen“.
Erfahrungen weitergeben. Auch Bamba will für jene da sein, denen es heute ähnlich geht wie ihm einst: „Vor kurzem sind jüngere Cousins von mir nach Dakar gezogen, die in Spanien aufgewachsen sind. Ich treffe sie immer wieder.“ In seiner Anfangszeit verließ Bamba kaum das Haus. Er hatte keine Freunde und vermisste jene in Italien. Bis heute wird er von manchen „Italiano“ gerufen.
Jetzt geht es ihm gut, sagt er. „Senegal gab mir neue Impulse. Zudem spreche ich jetzt auch Wolof und Französisch.“ Bamba plant, Diplomatie oder Internationales Recht zu studieren. Bis hierher war es ein langer Weg.
Das Treffen des Autors mit Bamba Fall und Diaw Mbodj kam im Zuge einer vom internationalen Schul-Projekt „Parlez-vous global?“ bezahlten Studienreise nach Senegal zustande.
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