Ein perfekter Sonntag für die Cariocas, die EinwohnerInnen von Rio de Janeiro, sieht so aus: sehr heißes Wetter, sehr kaltes Bier und ein sehr voller Strand. Dort trifft sich Alt und Jung, Schön und Hässlich, Arm und Reich in Badehose und Bikini. Und mitten drin? Polizisten (und einige wenige Polizistinnen) in kurzen Hosen und sommerlich gelben T-Shirts, mit Pistolen und Schlagstöcken bewaffnet. In Gruppen stehen sie zusammen, an Häuserecken, neben Ständen von Kokosnussverkäufern oder am Wasser, mit den Schuhen im Sand, und blicken kritisch in die halbnackte Menge. An einem neuralgischen Punkt am berühmten Strand von Ipanema parkt sogar ein schwarzes, furchterregendes Panzerfahrzeug des Sondereinsatzkommandos, die Besatzung allzeit bereit, in schusssicheren Westen und mit Maschinengewehren aus dem Wagen zu springen.
Was in mir eher Unwohlsein auslöst, hilft vielen Cariocas dabei, sich am Strand zu entspannen. Sie fühlen sich sicher dank der Kriegszuständen ähnelnden Präsenz von rund 700 Polizisten auf Rios größten Stränden. Sicherheit, das bedeutet für viele BrasilianerInnen schlicht mehr und besseren Einsatz von Militär, Polizei und Wachpersonal. Dass die hohe Kriminalitätsrate in Brasilien aber vor allem durch die nach wie vor große soziale Ungleichheit gespeist wird, interessiert nur wenige. Auch im Wahlkampf der wiedergewählten Präsidentin Dilma Rousseff hatten solche Überlegungen – zumindest öffentlich – keinen Platz.
Ich hoffe jedenfalls auf einen heißen Sonntag, an dem auch Rios PolizistInnen ihre Uniform ablegen und sich mit einem kalten Bier in den Liegestuhl sinken lassen können.
Nora Holzmann
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