Gemeinschaft auf Zeit

Von Redaktion · · 2014/10

Einmal quer durch Brasilien fließt der mächtige Amazonas, der Fluss ist für viele Menschen Versorgungs- und Reiseroute.
Constantin Wißmann (Text) und Sascha Montag (Fotos)

Genutzt wird die Voyager III für den Transport von Menschen und Waren aller Art.

Das Schiff Voyager III fährt von der brasilianischen Dschungelmetropole Manaus den Amazonas hinauf bis an die kolumbianische Grenze. Als wir die Reise buchten, sahen wir uns schon wie bei „Star Trek“ in dunkle, fremde Welten vorstoßen. Tatsächlich fanden wir uns auf einem aufgeblähten Transportschiff wieder. Für die Menschen dort ist die Voyager III vor allem eines: der Anschluss zur Zivilisation.

Alles, was es an westlichen Gebrauchsgütern und Waren gibt in den Siedlungen der meist von indigenen Völkern abstammenden BewohnerInnen, ist über den Fluss zu ihnen gekommen. Grundnahrungsmittel wie Reis, Mehl und Zucker, aber auch Ventilatoren oder Motorräder. Gleichzeitig kommen die Menschen nur über den Amazonas von Ort zu Ort. Typischerweise auf dieser Mischung aus Frachter und Passagierschiff. 500 Tonnen Waren transportiert es, auf dem Mitteldeck schlafen 200 Menschen in Hängematten.

Wie ein Film mit Überlänge und starkem Grünstich zieht der Urwald in den folgenden fünf Tagen an uns vorbei, insgesamt 1.500 Kilometer, unterbrochen nur durch Stopps in kleinen Orten. Am Bug fliegen Papageien haarscharf vorbei, ein Kanu kommt uns entgegen, plötzlich taucht ein Delfin auf.

Abendstimmung auf dem Hängemattendeck.

An Bord erleben wir einen Mikrokosmos des hiesigen Lebens. Die Nonne, die in einem katholischen Kloster lebt und sich in der Region um drogensüchtige Jugendliche kümmert. Ein junger Mann aus Sao Paulo, der zum ersten Mal seit 15 Jahren seine Eltern besucht. Der Vater, der seinen Sohn aus der Klinik in Manaus, wo dieser an den Augen operiert wurde, nach Hause bringt. Sie alle treffen sich auf der Voyager III und bilden dort eine Gemeinschaft auf Zeit, ehe der Fluss, der sie zusammen gebracht hat, sie wieder auseinander treibt. 

Sascha Montag ist Fotograf bei der Agentur ­Zeitenspiegel.

Constantin Wißmann arbeitet als freier Journalist und Texter.

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