Die Staaten des Kongobeckens wollen ihren Regenwald besser schützen: um ihn ungestört vermarkten zu können.
Mit einem Weltmarktanteil von 10 Prozent sei der Kontinent „skandalös unterrepräsentiert“, klagte Kongos Staatschef Denis Sassou-Nguesso in seiner Eröffnungsrede.
In Kongo-Brazzaville ist der Tropenholzexport der zweitwichtigste Devisenbringer nach dem Erdöl. Um zu vermeiden, dass der zentralafrikanische Regenwald in den kommenden Jahrzehnten ebenso großflächig verschwindet wie es in den letzten Jahrzehnten bereits der Großteil der Wälder Westafrikas getan hat, setzen die betroffenen afrikanischen Staaten auf eine Doppelstrategie.
Es sollen großflächige Schutzgebiete eingerichtet werden. Im Rest des Waldes sollen aber zugleich vermehrt bestimmte besonders wertvolle Baumsorten gezielt gefällt und exportiert werden können. 1999 richteten Kamerun, Gabun, Kongo-Brazzaville und die Zentralafrikanische Republik bereits ein gemeinsames Schutzgebiet von 130.000 Quadratkilometern ein.
Auf der OAB-Konferenz in Brazzaville wurde jetzt beschlossen, ein Zertifikatssystem für zentralafrikanische Tropenhölzer einzuführen, das die ökologische Unbedenklichkeit von Holzexporten bestätigt. Dies soll helfen, Afrikas Holzexport anzukurbeln, indem es in den Industrieländern den Tropenholzboykotteuren und „extremen Umweltschützern“, wie sich OAB-Generalsekretär Paul Ngatsé-Obala ausdrückte, den Wind aus den Segeln nimmt.
Das geplante Zertifikat, Ergebnis siebenjähriger Beratungen unter ExpertInnen, wird ähnlich funktionieren wie das, was die internationale Diamantenindustrie im Sommer für Diamanten aus Kriegsgebieten beschloss.
Exportholz muss die Bestätigung einer unabhängigen Instanz tragen, dass es aus einem Land und einem Einschlaggebiet kommt, in dem ein ökologisch unbedenklicher Plan zur Holzausbeutung und Wiederaufforstung besteht.
Dieses an sich lobenswerte Prinzip hat aber viele Tücken. Aus den vielen unterschiedlichen nationalen Regenwaldplänen Afrikas ein einheitliches Regelwerk machen zu müssen, garantiert jahrelange bürokratische Querelen. Die bestehenden staatlichen Regeln für die schonende Ausbeutung der Regenwälder der Region werden von Umweltschützern jetzt schon als viel zu lasch kritisiert und schützen vielerorts eher die Interessen der ausländischen Firmen, die die Bäume fällen, als die der lokalen Bevölkerungen.
Unklar ist auch, wer eigentlich zukünftig die Unbedenklichkeitsbescheinigungen vergeben soll. Ein weiteres Problem wird sein, zu verhindern, dass Holz mit gefälschten oder regelwidrig erteilten Zertifikaten auf den Markt kommt.
Erst vergangenes Jahr unterzeichneten die Regierungen von Kongo-Brazzaville und der Demokratischen Republik Kongo ein Abkommen, um den Handel mit gestohlenen Hölzern zu unterbinden, der aufgrund der andauernden Kriegshandlungen in der Region immense Ausmaße angenommen hat.
Das ganze Konzept wird allerdings zum Scheitern verurteilt sein, wenn die OAB-Mitgliedsstaaten ihre Beitragszahlungen an die Organisation so nachlässig handhaben wie bisher. Deshalb soll der Privatsektor um Mithilfe gebeten werden. Das heisst, dass letztendlich die Tropenholzkonzerne selbst die Kontrolle ihrer Aktivitäten finanzieren würden. Von Unabhängigkeit kann dann nicht mehr die Rede sein.
Zentralafrikanischer Regenwald
Die Regenwälder des Kongo-Flussbeckens, die sich über Teile der Demokratischen Republik Kongo, von Kongo-Brazzaville, Gabun, Äquatorial-Guinea, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik erstrecken, bilden derzeit mit 198 Millionen Hektar das zweitgrößte zusammenhängende Tropenwaldgebiet der Erde, gleich hinter dem Amazonasbecken. Nach Angaben der UN-Agrarorganisation FAO schrumpft dieses Gebiet jährlich um 0,56 Prozent – weniger als in Südamerika oder Südostasien, aber dennoch Besorgnis erregend.
Dominic Johnson ist Afrika-Ressortleiter der Berliner Tageszeitung „taz“.
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